Mit dem Dichten gegen das Dichten arbeiten. Das Geschichtsbild in Marcel Beyers Roman 'Kaltenburg' // To Use Fiction to Counteract Fiction. The Image of History in Marcel Beyer's Novel 'Kaltenburg'

Durch die Inszenierung von 'Leerstellen' der neueren Geschichte sucht Marcel Beyer, einer der führenden deutschsprachigen Autoren historischer Romane heute, seine Leser zu eigenen Reflexionen und Kontextualisierungen zu bewegen. Ein solcher Blick auf die Vergangenheit, der oft durch verstörte Formen des Erinnerns, das 'unzuverlässige Erzählen' wie auch verschiedene literarische Irritationsstrategien geprägt ist, wird mit einer inhaltlichen Schwerpunktverlagerung auf neue, bisher tabuisierte Themenbereiche wie Luftkrieg, Vertreibung und Flucht erreicht. Im vorliegenden Aufsatz wird diese Poetik des historischen Erzählens am Beispiel seines bislang letzten Romans "Kaltenburg" (2008) dargestellt. Marcel Beyer, one of the most prominent contemporary German-language authors of historical novels, attempts to motivate his readership to independent reflections and contextualizations by producing fiction about the blind spots in newer German history. This view of the past, often characterized by distraught forms of memory, an unreliable narrator and varied other strategies of irritation, is accomplished by a thematic move towards new, so far tabooed topics from the World War II such as the bombing of Dresden, refugees and flight across Germany. The following article analyzes this poetics on the example of Beyer's last published novel – "Kaltenburg" (2008).